Freitag, 31. Oktober 2008

Interview mit Lea Loves: "Ich bin schon leicht paranoid"



Die 22jährige Münchenerin Lea Rieck blogt seit einem halben Jahr. Auf lealoves.blogspot.com teilt sie seither ihre Inspirationen und Gedanken, ihr Wissen über Mode und Kunst und ihren persönlichen Stil mit einer Vielzahl von Lesern. Sie berichtet von den aktuellsten Kollektionen, von neuen Designern und aufregenden Ausstellungen. Sie fotografiert sich selbst und ihren Look und wird so selbst zum Impuls für viele ihrer Blog-Besucher. Schon jetzt ist sie eine gefragte Größe unter den deutschen Modebloggern. Die WELT zählt sie sogar zu den wichtigsten 20 Modebloggern Deutschlands. Doch in unserem Gespräch in ihrer gemütlichen Schwabinger Einzimmerwohnung erklärt sie mir, warum sie mit dem WELT-Artikel so gar nicht einverstanden ist, welche Möglichkeiten das Bloggen bietet und auch wo sie Grenzen und eventuelle Gefahren sieht.


Lea, in deinem Blog stellst du oft deine eigene Person in den Mittelpunkt. Du sprichst über Dinge, die dich inspirieren und dir gefallen. Das ist ja schon recht privat und intim. Wo setzt du die Grenzen?
Eigentlich gebe ich nichts wirklich Intimes von mir preis. Ich erzähle und zeige meinen Lesern zum Beispiel, was ic
h mir bei H&M gekauft habe, oder dass ich einen neuen tollen Shop entdeckt habe. Das Thema beschränkt sich immer auf Mode. Ich erzähle nicht, dass meine Katze krank ist, oder zeige Fotos von meinem Zimmer, mit Außnahme meiner weißen Wand. Es reicht, dass ich mich den Leuten zeige, dass sie wissen, wie ich aussehe und das ist auch die Grenze. Ich zeige den Leuten praktisch das, was sie auch auf der Straße von mir sehen würden.


Erkennen dich Leute mittlerweile auf der Straße?
Ja, das ist mir lustigerweise schon drei Mal passiert. Ich bin deswegen auch schon leicht paranoid. Jedes mal wenn mich eine Person länger ansieht, denke ich gleich: „der erkennt mich“. Dadurch, dass ich mich in meinem Blog zeige, kann ma
n leicht den Eindruck gewinnen, dass ich eine Person bin, die gerne im Mittelpunkt steht. Was eigentlich überhaupt nicht so ist. Mir ist das eher unangenehm.


Aber damit muss man wahrscheinlich rechnen, wenn man sich der Öffentlichkeit zeigt. Welche Erfahrungen hast du bislang mit deinen Lesern gemacht?
Bislang habe ich nur positive Erfahrungen gemacht. Darüber w
undere ich mich selbst. Bei manchen Blogs geht es richtig heftig ab. Da werden Blogger beschimpft und bombardiert mit fiesen Kommentaren, die wirklich unter die Gürtellinie gehen. Wenn Leser sagen würden „die Klamotte gefällt mir nicht“ ist das vollkommen legitim. Aber da kommen Sprüche wie „Du hast ja voll dicke Beine, zieh dich lieber wieder an“. Bei mir war das aber zum Glück noch kein Problem.


Wie reagieren die Blogger, die regelmäßig mit unqualifizierten Kommentaren überhäuft werden? Stehen die einfach drüber?
Das wäre wohl das Beste. Doch leider funktionie
rt das nicht immer. Vor allem, wenn Blogger zu jung sind. Es gibt viele Mädchen, die mit 12 oder 13 Jahren schon täglich bloggen und sich einer Vielzahl von Menschen zeigen. Zum einen finde ich es bedenklich, wenn sich so junge Mädchen, mit kurzen Röcken und gestylt wie Erwachsene, der Öffentlichkeit präsentieren. Zum anderen denke ich, dass sie die Situation und die Folgen noch nicht richtig einschätzen können. Sie haben noch nicht das Selbstbewusstsein, bei negativen Kommentaren einfach drüber zu stehen. Ich hätte das in dem Alter jedenfalls noch nicht gekonnt.


Kennst du diesbezüglich konkrete Fälle, bei denen junge Blogger mit der Reaktion der Leser nicht umgehen konnten?
Beispielsweise gab es schon Fälle, in denen sich junge Bloggerinnen nach fiesen Kommentaren bezüglich ihrer Figur, heruntergehungert haben, bis ihr Körper nur no
ch aus Haut und Knochen bestand. Das finde ich schon sehr bedenklich und gefährlich.


Sollte Bloggen etwa erst ab 18 erlaubt werden?
Nein. Das ginge zu weit. Ich denke, da sind die Eltern gefragt. Die sollten ein Auge darauf haben, was ihre Kinder im Internet treiben und gegebenenfalls einschreiten.



Was waren deine Beweggründe einen Blog zu starten?
Ich lese schon seit langer Zeit Modeblogs. Vor allem von den schwedischen Blogs war ich fasziniert. Irgendwann dachte ich mir, was die Mädchen können, kann ich auch. Bis dahin wusste ich gar nicht, dass es auch in Deutschland eine ansehnliche Blog-Community gibt. Das habe ich erst gemerkt, als ich dann im März mit meinem Blog angefangen habe.



Alle schwärmen momentan von den gut gekleideten Schweden und ihrem außergewöhnlichen Look. Haben die ein Mode-Gen, das uns Deutschen einfach fehlt?
In Schweden hat Mode in der Gesamtbevölkerung einen viel höheren Stellenwert, als in Deutschland. In Deutschland ist Mode immer noch etwas total Oberflächiges. In Schweden wird Mode als ein Kulturgut angesehen.



Es ist schon erstaunlich, wie erfolgreich dein Blog bereits ist. Immerhin gibt es ihn gerade mal sechs Monate. Die WELT veröffentlichte kürzlich eine Liste der 20 wichtigsten Modeblogs Deutschlands, zu der auch deiner zählt. Jetzt würde ich dir gerne gratulieren. Allerdings habe ich gehört, dass du mit der Liste nicht so ganz einverstanden bist. Was kritisierst du an der Liste?
Das war so: Die Macher der Seite Styleranking.com haben verschiedene Interviews mit Modebloggern geführt. Dann haben sie eine Pressemitteilung an einige Medien versendet mit dem Titel „Interviews mit 20 deutschen Modebloggern“.
Irgendein Trottel-Redakteur der WELT hat den Text dann eins zu eins übernommen und daraus einfach die Liste der „wichtigsten Modeblogs Deutschlands“ gemacht. Das Ganze ist also total verfälscht. Dadurch fehlen auch viele Blogs. Zum Beispiel Lesmads gehören definitiv zu den wichtigsten Modeblogs in Deutschland. Auch wenn sie mittlerweile von Burda gesponsert werden, haben sie ihre Berechtigung und fehlen eindeutig auf der Liste.


Apropos Lesmads und Burd
a. Was hältst du von der Zusammenarbeit?
Schwierig. Ich möchte dazu auch nicht all so viel sagen. Es ist natürlich t
oll für die Mädels (Anm.: Julia und Jessie, die Bloggerinnen von lesmads.de). Und es freut mich auch, dass ein großer Verlag auf das Bloggertum aufmerksam geworden ist. Allerdings soll anfangs nicht mal im Impressum zu erkennen gewesen sein, dass der Blog von Burda unterstützt wird, was erst sehr viel später bekannt wurde. Das wurde von vielen anderen Bloggern stark kritisiert. Aber an sich finde ich es eine gute Sache.


Es ist wahrscheinlich auch verständlich, dass Blogge
r, die sehr viel Zeit in ihren Blog investieren, versuchen, davon leben zu können. Deswegen schalten einige auf ihren Blogs Anzeigen. Hast du schon Anfragen von Unternehmen bekommen, eine Anzeige auf deiner Seite zu schalten?
Ja, schon ganz viele. Aber bislang war noch nichts dabei, mitdem ich mich identifizieren konnte. Ich habe einfach keine Lust etwas auf meiner Seite zu haben, was ich selber nicht gut finde. Außerdem kommt bei dieser Werbegeschichte zu wenig Geld bei rum, für das es sich lohnen wü
rde.


Wenn es nach den PR-Leuten ginge, sollen Blogger die neuen
Meinungsmacher sein. Hat man dir schon mal PR-Geschenke gemacht, in der Hoffnung auf eine Veröffentlichung in deinem Blog?
Ja, das passiert immer häufiger. Vor kurzem hat ein Label bei mir angefragt, die ihre Kollektion gerade bei Collette ausstellen, ob sie mir ein paar T-Shirts zuschicken dürften. Im Gegenzug hätte ich sie natürlich tragen und für meinen Blog fotografieren sollen. Aber die Shirts waren nicht mein Ding. Die Sachen müssten mir schon richtig gut gefallen, ehe ich das machen würde. Aber was natürlich toll ist, dass ich mittlerweile regelmäßig Pressemitteilungen bekomme und auch zu Presseterminen und Veranstaltungen eingeladen werde.


Nun gibt es ja auch eine große Diskussion zwischen Journalisten und Bloggern, denn nicht alle wollen Blogs als eines der neuen Medien anerkennen. Andere gehen soweit, dass sie sagen, Modeblogs würden Modemagazine immer überflüssiger machen. Was ist deine Meinung dazu?
Ich bin überzeugt, dass sowohl Blogs als auch Modemagazine ihre Berechtigung haben. Viele sagen, Modemagazine gehen wegen der Blogs immer mehr den Bach runter. Aber ich finde man kann die zwei Medien gar nicht miteinander vergleichen. Blogs haben in den seltensten Fällen schöne Modebilder oder lange Texte. Das machen immer noch die Magazine. Blogs posten eher Kurzmitteilungen, die nicht so ausgearbeitet sind wie in den Printmedien, weil man dafür als Blogger gar nicht die Zeit hat, man kein ausgebildeter Reda
kteur ist und auch nicht dafür bezahlt wird. Aber natürlich können Blogs sehr viel schneller Trends auffassen, als das Modemagazine können. Designer haben sich schon immer von dem Stil der Straße beeinflussen lassen. Früher gab es halt nur Trendscouts, die sich auf den Straßen nach neuen Trends umsahen. Durch Seiten wie The Facehunter und The Sartorialist wurde dieses System nur erweitert, in dem jeder, der Lust hat, mitmachen kann.


Das heißt, Blogs und Magazine sind weniger Konkurrenten, als viel mehr eine Ergänzung? Sie könnten sich durchaus gut ergänzen. Allerdings kommt immer wieder die Missgunst der Journalisten zum Vorschein. Man muss sich nur mal den Spiegel-Artikel
durchlesen, dann kommt man als Blogger schon ein bisschen ins Grübeln. Schließlich arbeiten viele Blogger später auch für Magazine. Zum Beispiel Mahret von F&Art (www.fartguide.blogspot.com) schreibt mittlerweile auch für das Indie Magazin. Daher finde ich es recht komisch, dass Printmedien nur auf Bloggern rumhacken, da es im Prinzip ihre eigene Mannschaft ist.


Was macht deiner Ansicht nach einen erfolgreichen Blog aus?

Ich finde Blogs am besten, die eine gute Mischung aufweisen, also die informativ, inspirierend, unterhaltend sind, aber auch diejenigen zeigen
, die hinter den Blogs stecken. Denn gerade das ist eine Blog-typische Sache. Um erfolgreich zu sein, muss man mit dem Bloggen natürlich auch am Ball bleiben und regelmäßig posten, sonst geht die Aufmerksamkeit ganz schnell verloren. Es reicht nicht, wenn man nur alle zwei Wochen etwas schreibt.


Was sind deine liebsten Blogs?
Meine Favoriten sind: lesmads, pudri, lalila, f&art, bees & baloons und what’s wrong with the zoo. Von den schwedischen Blogs habe ich mich mittlerweile übrigens gelöst. Da sieht man seit geraumer Zeit nur noch die gleiche
n Looks, das ist mir alles zu langweilig und zu uniformiert geworden.


Wie sehen deine Zukunftspläne aus?
Ich habe mich gerade erst an der Uni für Kunstgeschichte eingeschrieben. Später würde ich gerne schreiben. Allerdings weiß ich noch nicht, ob es dann auch um Mode gehen wird. Ich bin mir nicht sicher, ob mir das nicht zu langweilig und einseitig wäre. Ich habe es schon gemerkt, als ich mit anderen deutschen Bloggerinnen in Kopenhagen auf der Fashion Week war. Nach drei Tagen nur Mode musste ich mich erstmal von dem ganzen Zirkus wieder erholen.



Irgendwelche speziellen Wünsche für deinen Blog?
Der soll erst mal so bleiben, wie er ist. Ich mache einfach so weiter und gucke, was passiert. Ich werde auch versuchen während meines Studiums regelmäßig zu schreiben. Meines Erachtens sind Blogs eine tolle Visitenkarte. Ich habe durch mein Blog bereits so viele Leute kennengelernt, so viele Kontakte knüpfen können, die mir schon einige Türen geöffnet haben. Ich finde man zeigt damit auch, dass man sich engagiert und seine Freizeit mit etwas Sinnvollem nutzt. Außerdem macht es mir unglaublich viel Spaß.


Dann wünsche ich dir weiterhin so viel Spaß und Erfolg mit deinem Blog und bedanke mich für das nette Gespräch.


Alle Bilder über www.lealoves.blogspot.com




Dieser Fashion Blog will DICH...

Achtung: Dieser Fashion Blog ist anders!!

Style Connection ist ein Blog, der dich inspiriert, umfassend informiert und wenn du Lust hast sogar involviert.

Alle Texte, die du in diesem Blog finden wirst, sind journalistisch ausgearbeitet und unterliegen einer tiefgreifenden Recherche. Du wirst nicht nur subjektive Meinungsäußerungen von mir lesen können, sondern unterschiedlichste Darstellungsformen wie Interviews, Portraits, Reportagen, Stilkritiken und Trendanalysen. Wie weit du in die Texte "eintauchen" willst, bleibt dir überlassen.

Natürlich nimmt die Mode einen besonderen Stellenwert in diesem Blog ein. Du wirst Streetstyles vorfinden, die ich immer zu einem speziellen Trend oder Thema für dich zusammenstellen werde. Außerdem wird dies der erste deutsche Modeblog sein, in dem es eigens produzierte Modestrecken zu sehen sein gibt.
Und jetzt kommst DU ins Spiel: Wenn du angehende/r Fotograf, Hair&Makeup Artist, Jungdesigner oder Model bist und du Lust hast an der Produktion von Modestrecken mitzuwirken, sollst du hier die Möglichkeit bekommen, dein Können und deine Kreativität unter Beweis zu stellen. Einmal im Monat werde ich einen Newsletter versenden, der über das Konzept und die Anforderungen der jeweiligen Strecke informiert. Wenn du diesen monatlichen Newsletter erhalten willst, dann schreibe mir eine Email zusammen mit einem kurzen Steckbrief und du wirst in den Verteiler aufgenommen. Wenn du ein Mitwirkender einer Modestrecke warst, wird natürlich auch dein Name und deine Kontaktdaten im Blog veröffentlicht.

Genug nun von dem Drum-Rum-Gerede. Jetzt geht's los...